Auszug aus Jürgen Zirbik: Sie können das – Kommunikation mit GMV – mit gesundem Menschenverstand überzeugen – Kommunikation für Führung, Verkauf und den ganzen Rest, Friendship Verlag, Nürnberg 2013.
Menschliche Kommunikation, die vordergründig als „Sprache“ daherkommt, tatsächlich ein komplexes System aus Nonverbalem und Verbalem ist, dient verschiedensten Zwecken. Etwas mitteilen, sich austauschen, glänzen, klären, zurechtrücken, warnen, unterhalten, helfen, einfühlen, flirten, kaufen, verkaufen, führen, lieben und vieles mehr. Vieles davon ist ohne unsere Art der Kommunikationsfähigkeit nicht denkbar. Menschliche Kommunikation unterscheidet sich von der Kommunikation aller anderen Wesen dieser Welt. Sie macht uns zu uns. Das macht uns nicht besser, nur anders.
Dass wir anders sind, als alle anderen Spezies hier, liegt an der Fähigkeit, zu sprechen und zu verstehen (sprechen alleine ist nur die halbe Miete, wie Sie noch sehen werden). Das Sprechen ist recht einfach im Vergleich zum Verstehen. Sie wissen, was ich meine. Sprache ermöglicht es Menschen, sich komplex und umfassend mitzuteilen. Was dann passiert, ist oft Kaffeesatz-Leserei, denn das, was wir aussenden, die Absichten, die dahinter stecken, müssen so noch lange nicht beim Empfänger ankommen. Sie kennen das.
„Schatz, gib mir doch mal die Butter.“
„Du glaubst wohl immer noch, ich bin deine Sekretärin.“
Meine Güte. Wenn die Botschaften dann ankommen, bleibt es weiter spannend – bis die Reaktionen kommen. Dann sollten wir wissen, ob wir verstanden worden sind oder eher nicht.
Kommunikation und das Bermuda Dreieck
Seit vielen Jahren bin ich als Kommunikationsberater und -trainer unterwegs. Meine Erfahrung ist … wir werden eher nicht verstanden. Oder besser: Wir sorgen häufig dafür, dass wir nicht verstanden werden können. Viele Dinge verschwinden einfach. Dass wir im Privatleben bei Partnern, Kindern oder Freunden hin und wieder daneben kommunizieren, kennen wir. Missverständnisse sind an der Tagesordnung. Das ist erträglich, denn diesen Menschen sind wir normalerweise zumindest gewogen (siehe „Schatz, …“) und sie uns.
Was jedoch im Geschäftsleben abläuft, ist gelinde gesagt dramatisch. Führung versagt, auch weil Chefs und Manager zu wenig für ihre Kommunikationskompetenz tun und das Miteinander nicht wirklich funktioniert. Wir kaufen ständig irgendwelches Zeugs, das wir nicht brauchen, und wir verbringen mittlerweile mehr Zeit in sogenannten Meetings, als wir Sinnvolles arbeiten. Aber irgendwie läuft es ja. Die Frage ist nur, wohin?
Gut. Machen wir es nicht zu kompliziert. Die frohe Botschaft ist, dass wir alle, Sie und ich, prinzipiell ganz gut kommunizieren können. Prinzipiell jedenfalls. Sprechen soll bereits vor 1,5 Millionen Jahren bei einem unserer Urgroß-Urahnen in rudimentärer Form vorhanden gewesen sein, so Experten. Er hatte eine ähnliche Gaumenform wie wir. Das reicht der Wissenschaft als Beleg. Demnach haben wir das Kommunizieren in den Genen. Und geübt haben wir das auch lange genug. Wissenschaftler haben übrigens vor einigen Jahren ein Sprach-Gen beim Menschen entdeckt, das sie noch nirgend wo sonst auftreiben konnten. Wir sind also bestens präpariert. Allerdings mittlerweile auch ein wenig verkorkst. Wir meinen, die wildesten Techniken lernen zu müssen, um überhaupt zurecht zu kommen. Warum sonst gibt es Tausende von Seminaren und Zehntausende von Büchern zum Thema (knapp 63.000 mit dem Stichwort Kommunikation bei Amazon, 2013)?
Kommunikation ist für Menschen lebensnotwendig – das sagt uns schon der gesunde Menschenverstand (GMV). Ohne Kommunikation wäre alles anders, ohne Kommunikation werden wir verrückt oder sterben gar. Der Fall von Kaspar Hauser gibt dazu Hinweise. Kaspar Hauser hatte in jungen Jahren null Kommunikation, behauptete er. Die Folgen sind bekannt.[1] Fest steht, ohne Zuwendung und Kommunikation verkümmern wir.
Hauptsache reden
Denken Sie an den Film „Cast away“ (engl. gestrandet, verschollen) mit Tom Hanks. Ein Mann strandet nach einem Flugzeugabsturz auf einer kleinen Insel, unbewohnt, weit ab von allem. Zuerst redet er viel mit sich selbst – ist ja auch kein anderer da. Als das nach wenigen Wochen anstrengend und langweilig wird und er verrückt zu werden droht, erschafft er sich einen Partner, nachdem er Stimmen gehört zu haben meint. Von einem Ball! Dem Ball, Überbleibsel aus der Flugzeugladung, verpasst er eher zufällig ein Gesicht, nennt ihn „Wilson“ (Schleichwerbung, Wilson ist ein Sportartikelhersteller – der Name steht auf dem Ball). Fortan hat er einen Zuhörer, ja, einen Gesprächspartner. Denn später meint er tatsächlich „Wilson“ spräche mit ihm. Am Ende des Films verliert er „Wilson“ auf tragische Weise. Ihm ist, als wäre ein Freund gestorben. Ja, Kommunikation hat eine magische und starke Kraft, selbst wenn wir sie uns nur einbilden.
Kommunikation: Sie können das
Die zwei Thesen des Buches „Sie können das“ sind: „Gute Kommunikation ist einfach“ und „Alle gesunden Menschen können das grundsätzlich gut“. Das Grundprinzip hinter allem ist der gesunde Menschenverstand (GMV). Damit fokussiere ich nicht auf den rein rationalen Menschen, der nur vom Verstand, also der Ratio, geleitet wird – was er nach heutigen Erkenntnissen eben gerade nicht wird. Damit meine ich, dass sich alles im Gehirn abspielt und dass der Mensch grundsätzlich eine Einheit aus Körper, Geist und Seele ist. Diese Haltung ist nicht neu – im asiatischen Raum oder bei Indianern ist sie üblich. Ein paar Jahrhunderte lang ist das bei uns jedoch anders bewertet worden. Descartes` „Ich denke, also bin ich“ ist nach heutigen Erkenntnissen von „Ich fühle, also bin ich“ abgelöst worden. Ob das so bleibt, gilt es abzuwarten. Wissenschaftliche Wahrheiten ändern sich schon mal gerne mit der Zeit – GMV. (Die Sonne kreist um die Erde etc.)
Was ist GMV?
Aktuelles Wissen ist Bestandteil von GMV, ebenso wie Erfahrungswissen, Weisheiten, Intuition und Emotionen. GMV sagt, gute Kommunikation ist so, dass man die Wirkung erzielt, die man beabsichtigt, oder dass etwas entsteht, das noch besser ist, als meine beabsichtigte Wirkung. Bei guten Gesprächen kommt so etwas manchmal heraus. Da kommen zwei Leute zusammen, jeder mit bestimmten Vorstellungen im Kopf, mit einer bestimmten Absicht. Nach einem Gespräch ist dann eine neue Idee entstanden, viel besser als die Summe der Vorstellungen, die die beiden mitgebracht hatten. Kompliziert? Na gut. Voraussetzung jedenfalls ist, dass es allen Beteiligten gut geht: dem Gesprächspartner, den Meeting-Teilnehmern, dem Publikum – je nachdem.
[1] „Kaspar Hauser (* angeblich: 30. April 1812; † 17. Dezember 1833 in Ansbach) wurde in der Biedermeierzeit als „rätselhafter Findling“ bekannt. Hauser tauchte am 26.Mai 1828 in Nürnberg als etwa 16-jähriger, geistig anscheinend zurückgebliebener und wenig redender Jugendlicher auf. Durch seine späteren Aussagen, dass er, solange er denken könne, bei Wasser und Brot immer ganz allein in einem dunklen Raum gefangen gehalten worden sei, erregte er internationales Aufsehen.“ Quelle: Wikipedia, 2012